Bilanzierung Teil 2

To Do's vor Bianzierung
Vorbereitung

Im ersten Teil (Bilanzierung Teil 1) ging es darum was Bilanzkreismanagement im Wesentlichen ist, was Bilanzkreise damit zu tun haben und wie die Marktrolle Bilanzkreisverantwortlicher damit verknüpft ist.

In Teil 2 soll es etwas tiefer in die Pflichten und Prozesse gehen, die im Bilanzkreismanagement eine Rolle spielen. Nicht alle müssen zwingend durch den Bilanzkreisverantwortlichen erfüllt werden. Der Bilanzkreisverantwortliche ist die Verbindung zum Marktgebietsverantwortlichen (MGV). Er schließt den Bilanzkreisvertrag mit dem MGV, er erhält die Bilanzierungsdaten vom MGV und ist in erster Linie für seine Bilanzkreise beim MGV verantwortlich.

Ich werde mich den Aufgaben eines Bilanzkreisverantwortlichen chronologisch nähern. Das bedeutet, dass ich die Prozesse einteile in vor der Lieferung, während der Lieferung und nach der Lieferung des Gases.

Doch bevor es losgehen kann, müssen wir noch ein paar Besonderheiten in der Gaswirtschaft betrachten. Ich werde an der ein oder anderen Stelle in den Prozessen ebenfalls auf einige spezielle Festlegungen zu sprechen kommen. Aber ein paar der grundlegenden gasspezifischen Besonderheiten schon mal vorab.

Inhalt

Festlegungen in der Gaswirtschaft

In diesem Abschnitt lernst du ein paar grundlegende Festlegungen der Gaswirtschaft kennen. Diese helfen dir, dich besser in den Prozessen orientieren zu können. Aber sind auch sehr speziell und daher nicht leicht einzuprägen. Deshalb werde ich den Abschnitt auch nur auf vier ausgewählte Punkte beschränken, die aber in den Prozessen immer Berücksichtigt werden müssen.

Gastag

Der Tag in der Gaswirtschaft ist von 6 Uhr am Morgen bis 6 Uhr des nächsten Morgens. Das ist der sogenannte Gastag.

Gaswirtschaftsjahr

Das Jahr in der Gaswirtschaft wurde auch anders festgelegt als das Kalenderjahr. Das so genannte Gaswirtschaftsjahr geht von Oktober bis Oktober. Es startet am 01.10. eines Jahres und endet am 01.10. des darauffolgenden Jahres. Allerdings muss dabei auch der Gastag berücksichtigt werden und somit beginnt das Gaswirtschaftsjahr am 01.10., um 6 Uhr und endet am 01.10. des darauf folgenden Jahres um 6 Uhr.

Datenformate

Für die Übertragung von Daten, werden in der Energiewirtschaft eigene Datenformate verwendet. Für die hier betrachteten Daten wird das Format EDIFACT (Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and Transport) eingesetzt. Dieses Datenformat, welches für den internationalen Datenaustausch von Geschäftsdaten festgelegt wurde, ist für die deutsche Gaswirtschaft angepasst worden. Hier sprechen wir dann von Nachrichtentypen. Diese basieren auf dem EDIFACT-Format, enthalten aber spezielle Ausführungen für die Datenübertragung im deutschen Gasmarkt.

Es gibt einen bunten Blumenstrauß an Nachrichtentypen, aber ich werde hier in den folgenden Beschreibungen nur auf die Wesentlichen für die genannten Prozesse eingehen. Die Gas-Formate werden vom DVGW S&C (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches Service & Consulting GmbH) veröffentlicht.

An den Stellen an denen Daten eine Rolle spielen, werde ich die einzelnen Nachrichtentypen benennen und auch deren Eigenschaften für den jeweiligen Prozess.

Gasqualität

Erdgas wird in zwei Gasqualitäten unterschieden. Die eine ist H-Gas und die andere L-Gas. Beide unterscheiden sich in den Brennwerten und somit im Energiegehalt. Demnach steht H-Gas für high caloric gas und L-Gas für low caloric gas. H-Gas enthält einen Brennwert zwischen 10-12 kWh/m3. L-Gas zwischen 8-10 kWh/m3. Je nach Gasangebot im jeweiligen Netzgebiet erhält man H-Gas oder L-Gas. Somit ist die Gasqualität abhängig vom jeweiligen Netzgebiet und dem darin zur Verfügung stehender Gasqualität.

Gase die aus biologischen Rohstoffen gewonnen werden oder aus Klärschlamm und Ähnlichem, werden als Biogas bezeichnet. Biogas wird neben den beiden oben genannten Gasqualitäten separat betrachtet.

Bevor es mit den Prozessen rund um die Lieferung von Gas losgehen kann, müssen noch rechtliche, prozessuale und technische Bedingungen vom Bilanzkreisverantwortlichen geregelt werden.

Bedingungen für die Bilanzierung

Bevor es mit der Bilanzierung richtig losgehen kann, müssen einige Voraussetzungen geschaffen werden. Die Relevantesten zeige sind in den nächsten drei Abschnitten.

Abschluss eines Bilanzkreisvertrages mit dem Marktgebietsverantwortlichen (MGV)

In der Anlage 4 der Kooperationsvereinbarung (KoV) ist der Bilanzkreisvertrag zwischen einem Marktgebietsverantwortlichen und einem Bilanzkreisverantwortlichen. In diesem Vertrag sind die Rechte und Pflichten beider Parteien geregelt. Bspw. wird die Tagesbilanzierung festgelegt, die Pflicht des BKV seine Bilanzkreise ausgeglichen zu bewirtschaften, die untertägige Verpflichtung, um große Mengenschwankungen im Bilanzkreis zu vermeiden und viele weitere Festlegungen mehr. Ergänzt werden können diese noch durch ergänzende Geschäftsbedingungen des MGV.

Bilanzkreise anlegen

Sobald der o.g. Bilanzkreisvertrag geschlossen wurde und die Registrierung im Onlineportal des MGV abgeschlossen ist, können auch schon die Bilanzkreise beantragt und eingerichtet werden.

Wir erinnern uns, das die GeLi Gas vorschreibt, dass jede Abnahmestelle einem Bilanzkreis zugeordnet werden muss. Die Bilanzkreise aber nur der BKV zur Verfügung stellen kann, da er wie o.g. die Verbindung zum MGV hat.

Es gibt aber noch eine Besonderheit bei den Bilanzkreisen. Dabei spielt die Gasqualität keine Rolle. Diese Besonderheit gilt für alle Gasqualitäten. Denn man kann einem Bilanzkreis s.g. Subbilanzkonten zuordnen. Diese gehören immer zum jeweiligen Bilanzkreis und können anhand der letzten vier Ziffern einer Bilanzkontobezeichnung erkannt werden.

Bspw. Bilanzkreis mit der Bezeichnung THE0BFH112340000, Subbilanzkonto mit der Bezeichnung THE0BFH112340001.

Du siehst, dass das Subbilanzkonto die Bezeichnung des zugehörigen Bilanzkreises enthält und sich nur an der letzten Stelle unterscheidet. Wenn die letzten vier Ziffern der Kontobezeichnungen auf 0000 enden, dann handelt es sich um einen Bilanzkreis. Ist eine Ziffer der letzten vier größer als 0, dann ist es ein Subbilanzkonto. Anhand der ersten 12 Zeichen, kannst du dann die Bezeichnung des zugehörigen Bilanzkreises ablesen.

Da ein Subbilanzkonto (SBK) immer zu seinem übergeordneten Bilanzkreis gehört, werden die in diesem SBK enthaltenen Gasmengen auf den entsprechenden Bilanzkreis aggregiert. Das wird aus Gründen der Abrechnung so gemacht, darauf komme ich später noch einmal zurück. An dieser Stelle möchte ich erst einmal auf die Möglichkeiten eingehen, die sich für die Strukturierung von Bilanzkreisen ergeben.

Wie oben eventuell schon an den letzten vier Ziffern zu erkennen ist, können einem Bilanzkreis bis zu 9999 Subbilanzkonten zugeordnet werden. Damit aber noch nicht genug. Es ist ebenfalls möglich mehrere Bilanzkreise zu führen. Diese können zusätzlich einem anderen Bilanzkreis untergeordnet werden. Ist ein Bilanzkreis einem anderen untergeordnet, wird dieser Unterbilanzkreis (UBK) genannt. Es dürfen bis zu 10 Ebenen von UBK’s einem Bilanzkreis untergeordnet werden. Das Erstellen von UBK’s ist in der Praxis sehr sinnvoll, da man so Strukturen die sich bspw. aus Dienstleistungsgeschäften eines BKV ergeben, gut abbilden kann. Die Verbindung von Bilanzkreisen muss mit der Anlage 5 der KoV zwischen MGV und BKV geschlossen werden. In der Branche ist es üblich, sich mit mehreren BKV’s zusammenzuschließen und eine Bilanzkreiskooperation zu bilden. Da die Bilanzkreisstrukturen in einem online Portal des MGV angelegt werden, muss beim Unterordnen eines Bilanzkreises zu einem Bilanzkreis eines anderen BKV, dieser im online Portal erst zustimmen. Aber Achtung, denn der MGV behält sich 10 Werktage als Implementierungsfrist vor. Diese Frist muss berücksichtigt werden.

Der Bilanzkreis der ganz oben in den Hierarchiestufen steht, dieser wird dann zum Rechnungsbilanzkreis (RBK) und erhält die jeweiligen Abrechnungen vom MGV. Es ist sogar möglich Bilanzkreise mit mehreren Rechnungsbilanzkreisen zu verbinden und die prozentuale Verteilung auf diese RBK festzulegen.

Wie oben beschrieben, gibt es unterschiedliche Gasqualitäten. H- und L-Gas sowie Biogas. Das muss beim Einrichten und Unterordnung von Bilanzkreisen berücksichtigt werden. Es dürften nur sortenreine Bilanzkreise verbunden werden. Besonders Biogas ist nicht mit anderen Gasarten zusammenzubringen. Gleichwohl kannst du Biogas in einen Erdgasbilanzkreis einspeisen. Dabei verliert das Biogas aber das „Biosiegel“ und ist dann wie Erdgas zu behandeln.

Aber aufgepasst bei Rechnungsbilanzkreisen (RBK). Wenn du als BKV einen solchen führst (siehe zwei Abschnitte weiter oben) und du hast beide Gasqualitäten (H & L) in deinem Portfolio, dann bist du als Rechnungsbilanzkreisverantwortlicher dazu verpflichtet nur einen BK festzulegen. Das bedeutet dein Rechnungsbilanzkreis ist entweder H-Gas oder L-Gas. Der RBK für Erdgas führt also an der Spitze der Bilanzkreisstruktur beide Gasqualitäten zusammen. Wie damit umgegangen wird, kommt später im Prozess für die Abrechnung der Bilanzkreise.

Zusammenfassen muss der BKV also die Bilanzkreise und eventuellen Subbilanzkonten beantragen und strukturieren. Je nach beschlossenem Modell kann er seine Bilanzkreise einem anderen Bilanzkreis unterordnen. Der letzte Bilanzkreis gegenüber einem MGV ist der Rechnungsbilanzkreis und der zugehörige BKV erhält die Bilanzkreisabrechnungen.

Kommunikationstests mit MGV

Da der BKV die direkte Verbindung zum Marktgebietsverantwortlichen (MGV) ist, werden zwischen diesen beiden Marktrollen auch Daten ausgetauscht. Diese 1:1 Marktkommunikation wird vorher getestet. Der BKV ist auch dazu verpflichtet, dem MGV Kontaktdaten mit einer 24/7 Erreichbarkeit mitzuteilen. Diese werden ebenfalls vom MGV getestet.

Werden Bilanzkreiskooperationen (BKK) geschlossen, so müssen entsprechende Vollmachten für den Dienstleistenden BKV ausgestellt werden, wenn die Kooperation sich auch auf die 1:1 Kommunikation auswirkt.

BK/ SBK Melden

Die durch den Bilanzkreisverantwortlichen (BKV) angelegten Bilanzkreise oder Subbilanzkonten müssen einem Lieferanten mitgeteilt werden. Da dieser jede Abnahmestelle einem Bilanzkonto (BK oder SBK) zuordnen muss.

Zusätzlich muss dabei beachtet werden, dass der Lieferant gemäß GeLi Gas, 10 Werktage vor dem Versand seiner Kundenanmeldungen, den jeweiligen Netzbetreibern seine Bilanzkonten mitteilen muss. Das sollte bei Neueinrichtungen von Bilanzkonten, so wie aktuell durch die Marktgebietszusammenlegung, berücksichtigt werden.

Diese Voraussetzungen und Bedingungen, sowie kleinen Ausnahmen, sind zwingend für die Bewirtschaftung von Bilanzkreisen durch einen BKV. Da ich diesen Beitrag aber nicht noch länger werden lassen möchte, folgen die nächsten Schritte in einem weiteren Teil zur Bilanzierung. Sollte etwas unklar sein, oder aus deiner Sicht falsch, dann schreibe mir bitte in die Kommentare. Fragen kannst du ebenfalls in die Kommentare eintragen.

Wie verständlich ist dieser Beitrag für dich? Schreib mir bitte einen kurzen Kommentar ob ich an der ein oder anderen Stelle noch etwas ausführlicher werden soll.

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